Gedenkstein

St. Martin in Hädern,
ein besonderer Ort

Mit der Restaurierung des Anwesens St. Martin in Hädern durch den heutigen Besitzer schließt sich ein Kreis von jahrelangen Bemühungen, dieses besondere Gelände mit all seinen Geschichten und Erzählungen zu würdigen und in seinen ursprünglichen Zustand zu setzen.

Was macht diesen Ort so einzigartig? Neben seiner exponierten Lage in unmittelbarer Nähe zum Ammersee ist es vor allem die Geschichte einer, wenn nicht sogar der ältesten Kirche Oberbayerns sowie der vielschichtigen Entwicklung der angrenzenden Gebäude und dem gesamten Gelände.

Erfahren Sie mehr zu St. Martin in Hädern, der geschichtlichen Entwicklung der Kirche sowie der Wiederbelebung des Ortes durch einen Pfarrer im Jahre 1938. Begeben sie sich dann durch einen Streifzug in die Geschichte „Russen“-Friedhof, welches u.a. das Schicksal von russischen Soldaten, die in St. Martin ihre letzte Ruhestätte fanden, beschreibt.

Radierung

Sie war die älteste
Kirche in Oberbayern

Das Wort „in Hädern“ wurde abgeleitet von dem griechischen Worte έτεροι (heteroi) = Fremde, für diese Auslegung läßt sich aber nur schwer ein greifbarer Grund geltend machen. Die Annahme, daß die Römer jene, welche die Kirche St. Martin gründeten und besuchten έτεροι = Fremde genannt haben sollen, ist zu gesucht und unbegründet. Tatsache dagegen ist, dass die Flur, auf welcher St. Martin stand, die Viehweide bildetete, um welche es zwischen Markt und Kloster vielfachen Streit und Hader absetzte, weshalb der Flurteil vom Volke auch die „Haderänger“ genannt wurde. St. Martin in Hädern würde demnach heißen: St. Martin in der Flur der Haderänger.

Zu den ältesten Kirchen Oberbayerns gehörte das Gotteshaus St. Martin. Markus Welser stellt in seiner „Chronik der Stadt Augsburg“ die Behauptung auf, daß St. Martin bei Diessen schon zu den Zeiten der hl. Afra († 304 n. Chr.) bestand und einen eigenen Priester gehabt habe, welcher dort das hl. Opfer feierte. Gailer erklärt in s. Vind. sacr. p 110 St. Martin als die älteste Kirche in Oberbayern, gegründet von dem aus Spanien flüchtigen hl. Narzissus, welcher in der diokletianischen Christenverfolgung die Venuspiesterin Afra in Augsburg bekehrte, weshalb der Prätor Gajus sie am 7. August 304 zum Tode verurteilte und auf einer Lechinsel verbrennen ließ.

Der Sage gemäß soll St. Martin von einem christlichen römischen Landpfleger erbaut worden sein. Den Namen St. Martin erhielt das Kirchlein, als die Franken unter Kaiser Karl d. Gr. Herren der hiesigen Gegend wurden. Der Klosterchronist P. Dall Abaco stellt fest, daß alten Urkunden zufolge, welche im Besitz des Klosters waren, Bischof Ulrich von Augsburg ca. 960 die restaurierte Kirche St. Martin eingeweiht habe.

Nach der Niederbrennung des Klosters und der Kirche St. Georgen durch die Hunnen im Jahre 955 diente St. Martin bis etwa 1020 – bis zur Wiedererbauung von St. Georgen – dem Pfarrsprengel Diessen zur Pfarrkirche.

Das Stift Dießen widmete diesem ehrwürdigen Gotteshause seine besondere Sorgfalt. Als dasselbe baufällig geworden war, ließ es Propst Konrad II. im Jahre 1330 neu aufbauen. Dasselbe tat Propst Konrad V. im Jahre 1550. Dem „alten Gefällverz. v. J. 1739 v. .P. Ferdinand“ zufolge,

„ist im Jahre 1739 in dem St. Martinskirchlein statt des schlechten, hölzernen Tabulets ein neues weißes Gewölbe, doch nur von Holz, gemacht worden; auch die Fenster vergrößert und neu gemacht, ingleich der Dachstuhl ausgebessert worden. Die Kosten und Ausgaben haben sich auf 210 Gulden erstreckt.“

Im Jahre 1764 ist auch allda eine neue Predigtkanzel gemacht wordem welche 46 Gulden kostete.

Die vorige schon gegen 300 Jahre alte Kanzel wurde unter das Klosterdach über dem Noviziat aufbewahrt.

In der Kirche standen 3 Altäre. Der Choraltar war dem hl. Martin, die Nebenaltäre der hl. Afra, bzw. den hll. Antonius und Laurentius geweiht.

Das Patrozinium wurde am 11. November, die Kirchweih am
7. August gefeiert. Am Feste des hl. Ulrich war dortselbst der Pfarrgottesdienst.

Im Jahre 1799 bzw. 1800 wurden die im Klosterlazareth verstorbenen russischen Soldaten bei St. Martin beerdigt.

Nach der Klosteraufhebung verkaufte das Ärar die Kirche St. Martin um 90 Gulden zum Abbruch. Eine Kirche von unschätzbarem historischem Werte ging so verloren. Ein Zeitgenosse, Mathä Schindler, schreibt darüber:

Ein Schäffler von St. Georgen, mit Namen Leonhard Sepp, hatte um 90 Gulden (nach anderen gar bloß um 39 Gulden) die Kirche St. Martin gekauft und übernahm den Abbruch. Alles jammerte und klagte über dessen Frevelmut. Hatte später auch kein Glück mehr gehabt….. Wie er nun im Innern der Kirche die Mauersteine besichtigte und berechnete, wie hoch der Gewinn ausfallen möchte, flogen 2 Steine von den Fenstern auf ihn herein. Er ging hinaus um zu sehen, allein es fand sich Niemand, ja nicht einmal eine Menschenspur auf dem Schnee. Er ging also wieder hinein und besichtigte auf dem Choraltar die Steine. Aber auf einmal hörte er ein Gepolter, als wenn es Steine über ihn herabregnen wollte. Weil er aber keinen Stein sah, überfiel ihn eine ungeheure Angst und Schrecken, so daß er nach Hause wankte. Viele Gedanken quälten ihn auf diesem Wege und vorzüglich ängstigte ihn die Mahnung: „Es könnte halt doch nicht recht sein, daß ich diese alte Kirche abbreche.“ So schwebte er lange zwischen Wohl und Übel. Auf einmal aber bemächtigte sich seiner mit Riesenkraft der Wuchergedanke: Die Kirche ist gekauft. Die Steine tragen Geld - und hiermit war das Loos der Kirche entschieden.

Als der Abbruch beginnen sollte und die Arbeitsleute, worunter auch sein Sohn war, anfingen auf das Dach und den Turm zu steigen, überfiel sie alle Übelkeit und ein solcher Schwindel, daß sie heruntersteigen mussten. Sie gingen daher nach Hause mit dem Bemerken: „Diese Kirche lässt sich nicht abbrechen.“ Später versuchten sie es ein zweites Mal, allein gleichfalls ohne Erfolg. Erst zum dritten Male gelang es ihnen, den Abbruch zu beginnen und ohne Unglück zu vollenden.

(Quelle: Chronik von Diessen)

Luftbild

Das Anwesen und
seine Geschichte

Die große Scheune ist bereits um 1900 entstanden, das heutige Wohnhaus wurde 1938 von Pfarrer Gerhauser erbaut. Der Geistliche muss wohlhabend gewesen sein, denn er kaufte mehrere Ländereien rund um St. Martin. Nur ein Jahr später starb er und so erbte im Jahre 1939/40 seine Nichte im Alter von 53 Jahren das gesamte Anwesen. Ihre Lebensverhältnisse waren nicht von Glück gesegnet und führten dazu, dass sich das Anwesen im Laufe der Jahre durch Verkauf von Wiesen und Wäldern deutlich verkleinerte.

Sie verlebte dort fast 30 Jahre und nach Ihrem Tode im Jahre 1969 war nur noch ein Restgrundstück von ca. 4500 m² übrig. Es folgten turbulente Jahre mit verschiedenen Eigentümern und Grundstücksverkäufen. Diese endeten schließlich im Jahre 2006 mit dem letzten Mieter, der am Messi-Syndrom litt, in der völligen Verwahrlosung des Anwesens.

Erst mit dem Erwerb durch den heutigen Besitzer erfuhr das Anwesen in den Jahren 2006–2011 eine Renaissance und Rückführung in seinen ursprünglichen Zustand.

Erstschrift

Weitere Geschichten um
St. Martin in Hädern

Original Altarbild von ca. 1750

Altarbild Original

Die hier abgebildete Darstellung des hl. St. Martin bei der Mantelteilung ist nach jetzigen Recherchen und vorliegenden Unterlagen vor 1750 entstanden und somit läge das Mindestalter dieser Darstellung bei über 260 Jahren.

Aus dieser Annahme ergibt sich, dass das Altarbild des Hauptaltars der Kirche St. Martin in Hädern eines der ältesten malerischen Darstellungen der legendären Geschichte der Mantelteilung durch den hl. St. Martin sein muss. Man musste zusichern, den genauen Standort des Bildes nicht zu veröffentlichen.

Kapelle „St.Martin“

Kapelle St. Martin
Bildwechsel

Die hier abgebildete Kapelle wurde aus den Abbruchresten der Kirche St. Martin in Hädern errichtet und zum Gedenken an das Original-Altarbild und den großen Hauptaltar wurde eine Nachbildung des Originalbildes erstellt und in der Kapelle platziert. Die signifikante Ähnlichkeit ist deutlich sichtbar.

„Russen“-Friedhof

In den Jahren 1799 bzw. 1800 wurde in unmittelbarer Nähe der Kirche St. Martin in Hädern eine große Zahl von russischen Soldaten beigesetzt, die laut Volksmund an einer pestartigen Erkrankung verstorben waren. Dieser Tatsache nahm sich der Heimatforscher Herr Egon Günther an und erstellte aus diesem in Vergessenheit geratenen Ereignis ein Schriftwerk. Bemerkenswert an dieser Stelle ist, dass 5 Jahre nach Beisetzung der Soldaten die Kirche abgerissen wurde, sodass sich die Frage stellt, was mit dem Friedhof und den Gebeinen passiert ist.
Die Geschichte als PDF zum Download (5MByte)

Dankeschön an die Mitwirkenden …

  • Herrn Walter Pitsch, früherer Buchhalter und Betriebsleiter der stillgelegten Buchdruckerei Huber in Dießen, der dabei half, in Vergessenheit geratene Schriftstücke wieder zu entdecken, die bei der Recherche sehr hilfreich waren. Darüber hinaus geht der Dank an eine Vielzahl von älteren Dießener Bürgern, die mit ihren Erkenntnissen und Erzählungen viele Hinweise zu dem Thema gaben.
  • Bayerische Luftbild, die kostenlos eine aktualisierte Luftaufnahme zukommen ließ.
  • CoCo new media, die bei der Erstellung der Internetseite aktiv waren.
  • Kiesgrube Thaining, in der wir mühevoll den von mir ausgesuchten Findling zutage brachten.
  • Tiefbau Huttner für die Versetzung und den Transport des großen Findlings.
  • Kunstschmiede Schweizer in Peißenberg, der es gelang, aus historischen Aufzeichnungen ein Gedenkkreuz in jetziger Form zu erstellen:
Schmiedekunst

Schmiedekunst
des Kreuzes

  • Steinmetz Kalle Schmitz in Köln, der die Gedenktafel in den Stein einbrachte.
  • Meiner Familie und meinen Freunden für die aktive Unterstützung.